29 Jul Zuviel Begeisterung…
Eines Tages kam unsere Nachbarin unerwartet mit einem Taxi nach Hause gefahren. Wir Kinder spielten in ihrem Vorgarten und fragten sie, wo denn ihr Auto sei. Sie erzählte Folgendes: Sie war in der Innenstadt und wollte telefonieren. Es war in den 70igern, da gab es noch diese Telefon-Zellen, die immer fies stanken, aber zum Telefonieren gedacht waren. Es gab auch diese dicken Telefonbücher, wo man Telefon-Nummern finden konnte, mit etwas Glück auch die, die man suchte.
Unsere Nachbarin stand also in einer solchen Zelle. Ihr Auto, ein hellblauer Opel-Kadett, stand am Straßenrand davor geparkt. Sie telefonierte mit ihrer Mutter, um ihr zu sagen, dass sie etwas später käme. Da sah sie ein Auto um die Ecke biegen, diese Zellen hatten ja Scheiben, und der Mann am Steuer starrte unsere Nachbarin fasziniert an. Sie sagte ins Telefon: „Was macht der Idiot da? Wenn der nicht aufpasst, fährt der noch auf mein Auto drauf.“ Es dauerte keine zwei Sekunden, da war es geschehen. Der Autofahrer hatte vor lauter Begeisterung für unsere Nachbarin das Auto vor der Telefonzelle übersehen und war ihr voll hinten drauf gefahren. Er stieg aus dem Auto aus, sah den Schaden, den er angerichtet hatte und stürmte auf die Nachbarin zu, die erschrocken aus der Telefonzelle kam.
Folgendes bekam die verblüffte Frau von ihm zu hören: „So eine Schönheit wie sie gefährdet den Autoverkehr! Sie sind schuld an diesem Unfall, sie haben mich abgelenkt!“ Er war übrigens Polizist, wie sich später herausstellte. Tatsächlich war er von der Begegnung mit der Nachbarin sehr beeindruckt. Zwei Tage später stand er vor ihrer Haustür mit einem großen Blumenstrauß und lud sie zum Essen ein. Diese Begeisterung ging für die Frau allerdings etwas zu weit, denn sie hatte ihm nicht ihre Adresse gegeben.
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